Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung u.a. wegen fahrlässiger Tötung bei Verkehrsunfall zwischen Feuerwehrfahrzeug und Linienbus

Das Landgericht Hamburg hat den Fahrer eines Feuerwehreinsatzfahrzeuges wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen in Tateinheit mit zweiundzwanzigfacher fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte war am 06. Juli 2011 in Hamburg-Tonndorf bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn trotz Rotlicht anzeigender Lichtzeichenanlage mit unverminderter Geschwindigkeit auf einen Kreuzungsbereich zugefahren und dort mit einem Linienbus kollidiert. Bei dem Verkehrsunfall wurden zwei Fahrgäste des Linienbusses getötet und zahlreiche weitere Businsassen sowie vier Feuerwehrleute teils schwer verletzt.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Das Urteil des Landgerichts ist somit rechtskräftig.

Beschluss vom 16. Juli 2013 – 4 StR 66/13

LG Hamburg – Urteil vom 18. September 2012 – 628 KLs 3/12

Karlsruhe, 22. Juli 2013

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof entscheidet über Fahruntüchtigkeit nach Drogenkonsum

Nach der am 1. August dieses Jahres in Kraft getretenen Neufassung des § 24 a Abs. 2 StVG ist das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung bestimmter Drogen (Heroin, Kokain, Haschisch, Ekstasy u.a.) generell verboten und der Verstoß dagegen als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld und Fahrverbot bedroht.

Der für das Verkehrsstrafrecht zuständige Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte nun zu entscheiden, wann die für die Annahme einer Straftat nach § 316 StGB (Strafdrohung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, daneben regelmäßig Entzug der Fahrerlaubnis) vorausgesetzte „Fahruntüchtigkeit“ beim Fahren unter Drogeneinfluß gegeben ist.

Der drogenabhängige Angeklagte war nach Konsum von Heroin und Kokain mit seinem PKW zum Tatort gefahren, wo er einen Raubüberfall verübte. Er wurde nach der Tat von der Polizei gestellt, als er gerade dabei war, mit seinem PKW wegzufahren. Das Landgericht Hamburg hatte aufgrund des drogen-positiven Ergebnisses der Blutprobe und wegen einer Sehbehinderung als Folge der drogenbedingten Pupillenengstellung „sozusagen absolute Fahruntüchtigkeit“ angenommen; es hat den Angeklagten deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Dies hat der Bundesgerichtshof beanstandet:

Er hat hierzu ausgeführt, daß es derzeit – anders als bei Fahrten unter Alkoholeinfluß – noch keinen allgemein anerkannten „Gefahrengrenzwert“ der („absoluten“) Fahruntüchtigkeit nach Drogenkonsum gebe. Deswegen rechtfertige der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines Fahrzeugführers für sich allein noch nicht die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Vielmehr bedürfe es außer einem positiven Drogenbefund regelmäßig der Feststellung weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen. Dabei hat der Senat herausgestellt, daß die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Auffälligkeiten umso geringer sein können, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration sei; auch sei für den Nachweis nicht unbedingt die Feststellung von Fahrfehlern erforderlich, vielmehr könnten auch Auffälligkeiten im Verhalten des Fahrers in der Anhaltesituation genügen. Doch reiche hierfür die Pupillenengstellung, wie sie bei dem Angeklagten festgestellt sei, nicht aus. Zwar könne im Einzelfall Fahruntüchtigkeit als Voraussetzung der Strafbarkeit auch aufgrund einer drogenbedingten Einschränkung der Sehfähigkeit in Betracht kommen. Dazu müsse aber festgestellt und im Urteil dargelegt werden, wie sich dieser Umstand bei dem Betreffenden konkret auf seine Fahrtüchtigkeit ausgewirkt habe; die allgemeine Feststellung dieser Folge des Drogenkonsums genüge nicht. Wollte man dies allein für die durch Annahme der Fahruntüchtigkeit bedingte Strafbarkeit genügen lassen, müßte der Gesetzgeber einen entsprechenden Straftatbestand schaffen.

Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Verurteilung des Angeklagten aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Beschluß vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98

Karlsruhe, den 12. November 1998

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Höhe der Stundensätze im Rahmen der Reparaturkostenabrechnung nach einem Verkehrsunfall

Der Kläger macht gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt.

Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.

Der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat an seiner bereits im sog. Porsche-Urteil (BGHZ 155, 1) geäußerten Rechtsauffassung festgehalten, dass der Geschädigte seiner Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminde-rungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Ist dies der Fall, kann es für den Geschädigten gleichwohl unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht unzumutbar sein, sich auf eine Reparaturmöglichkeit in dieser Werkstatt verweisen zu lassen. Dies gilt insbesondere für Fahrzeuge bis zum Alter von 3 Jahren. Denn bei neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen muss sich der Geschädigte im Rahmen der Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf andere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten.

Auch bei älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch eine konkrete Reparaturrechnung belegt.

Im Streitfall war das Urteil des Berufungsgerichts bereits deshalb aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil dieses zur Gleichwertigkeit der aufgezeigten alternativen Reparaturmöglichkeit noch keine Feststellungen getroffen hatte.

Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09

AG Würzburg – 16 C 1235/08 – Entscheidung vom 10. Juli 2008

LG Würzburg – 42 S 1799/08 – Entscheidung vom 21. Januar 2009

Karlsruhe, den 20. Oktober 2009

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Haftungskürzung wegen Mitverschuldens bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurts

Die Klägerin befuhr mit ihrem Pkw nachts gegen 3:10 Uhr eine Bundesautobahn und verlor aus ungeklärten Gründen die Kontrolle über ihr Fahrzeug. Dieses geriet ins Schleudern, stieß gegen die Mittelplanke und kam auf der linken Fahrspur unbeleuchtet zum Stehen. Kurz darauf prallte der Beklagte zu 1, der mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h und eingeschaltetem Abblendlicht gefahren war, mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf das Fahrzeug der Klägerin. Diese wurde schwer verletzt. Sie hat Schadensersatz unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 1/3 begehrt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Haftungsquote grundsätzlich auf 60 % abgesenkt. Da die Klägerin bei dem Zweitunfall nicht angeschnallt war, hat es hinsichtlich des der Klägerin infolge ihrer Körperverletzung entstandenen Schadens einen höheren Mitverursachungsanteil angenommen und insoweit eine Haftungsquote von nur 40 % angeordnet. Mit der Revision wollte die Klägerin eine Haftung der Beklagten hinsichtlich sämtlicher Schäden mit einer einheitlichen Quote von 60 % erreichen.

Die Revision hatte Erfolg. Nach § 21a Abs. 1 StVOmüssen vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt grundsätzlich angelegt sein. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führen. Da die Beklagten hier nur für die Folgen des Zweitunfalls haften, ist für die Frage der Mitverursachung durch die Klägerin allein von Bedeutung, ob zum Zeitpunkt des Zweitunfalls noch eine Anschnallpflicht bestand. Das war nicht der Fall, denn der Aufprall des von dem Beklagten zu 1 gelenkten Pkw ereignete sich nicht „während der Fahrt“ ihres eigenen Pkw. Dessen Fahrt war vielmehr dadurch beendet worden, dass der Pkw unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen war. Nachdem es zu diesem Unfall gekommen war, war die Klägerin mithin nicht nur berechtigt, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO** sogar dazu verpflichtet, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können. Ihr kann deshalb nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.

Der u.a. für das Verkehrshaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil deshalb aufgehoben und die Entscheidung zugunsten der Klägerin abgeändert.

Urteil vom 28. Februar 2012 – VI ZR 10/11

OLG Karlsruhe – Entscheidung vom 15. Dezember 2010 – 1 U 108/10

LG Baden-Baden – Entscheidung vom 20. Mai 2010 – 3 O 565/09

Karlsruhe, den 28. Februar 2012

Straßenverkehrs-Ordnung – StVO

§ 21a Sicherheitsgurte, Schutzhelme

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein. …

………

** § 34 Unfall

(1) Nach einem Verkehrsunfall hat jeder Beteiligte

1…….

2. den Verkehr zu sichern …

…………..

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs 

Ohne Reparatur nur Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands bei Schäden an Kraftfahrzeugen, die den Wiederbeschaffungswert übersteigen

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Verfahren die Revisionen der Kläger zurückgewiesen, die Schadensersatz für ihre bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeuge begehrten. Die Kosten für eine fachgerechte und vollständige Reparatur liegen nach der Schätzung der Gutachter jeweils über dem Wiederbeschaffungswert, ohne die Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswerts zu übersteigen. Beide Kläger haben ihr Fahrzeug mittels einer Teilreparatur in einen fahrbereiten und verkehrstüchtigen Zustand versetzt. Sie wollten gegenüber den ersatzpflichtigen Beklagten den Schaden auf der Basis der jeweiligen Sachverständigengutachten abrechnen und verlangten Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Dieser bildet zwar grundsätzlich die Obergrenze für den Schadensersatz, doch können bei einem besonderen Integritätsinteresse des Geschädigten an der Wiederherstellung seines Fahrzeugs Reparaturkosten bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert verlangt werden. Im Verfahren VI ZR 70/04 hat das Berufungsgericht Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts zugebilligt. Im Verfahren VI ZR 172/04 hat das Berufungsgericht hingegen lediglich einen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands (= Wiederbeschaffungswert minus Restwert) bejaht.

Der VI. Zivilsenat hat die den Urteilen der Oberlandesgerichte zugrundeliegende Auffassung bestätigt, wonach Ersatz von tatsächlich getätigtem Reparaturaufwand bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden kann, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt werden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Repariert der Geschädigte bei einem den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs übersteigenden Schaden nur teilweise oder nicht fachgerecht, sind Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus Restwert) des Fahrzeugs liegen, grundsätzlich nur dann zu erstatten, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt. Anderenfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt.

Urteile vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04 und VI ZR 172/04

Karlsruhe, den 15. Februar 2005

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshof

Schadensersatz nach Verkehrsunfall: Quotelung von Sachverständigenkosten

Wird ein Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt, hat der Schädiger, soweit zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs eine Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs durch einen Sachverständigen erforderlich und zweckmäßig ist, grundsätzlich auch die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Trifft den geschädigten Fahrzeughalter an dem Unfall ein Mitverschulden, ist sein Ersatzanspruch gegebenenfalls auf eine Haftungsquote begrenzt. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob auch die Sachverständigenkosten wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten zu quoteln sind oder ob der Geschädigte die Sachverständigenkosten trotz seines Mitverschuldens in voller Höhe beanspruchen kann. Diese Frage ist in der Rechtsprechung in jüngster Zeit unterschiedlich beurteilt worden. Während nach Auffassung u. a. des OLG Frankfurt a. M. der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten nicht entsprechend der Verursachungsquote zu kürzen sein soll, hat das OLG Celle – ebenso wie mehrere andere Gerichte – gegenteilig entschieden.

Der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr klargestellt, dass die Sachverständigenkosten ebenso wie die übrigen Schadenspositionen des Geschädigten nur im Umfang der Haftungsquote zu ersetzen sind.

Urteile vom 7. Februar 2012

VI ZR 133/11

LG Darmstadt – Entscheidung vom 3. März 2009 – 27 O 259/08

OLG Frankfurt a.M. – Entscheidung vom 5. April 2011 – 22 U 67/09

und

VI ZR 249/11

LG Stade – Entscheidung vom 2. Februar 2011 – 5 O 430/09

OLG Celle – Entscheidung vom 24. August 2011 – 14 U 47/11

Karlsruhe, den 7. Februar 2012

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Einziehung von Schadensersatzansprüchen durch Mietwagenunternehmen

Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall, für den die volle Einstandspflicht der Beklagten unstreitig ist.

Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit des schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In diesem Zusammenhang unterzeichneten die Mietvertragsparteien im November 2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung „Abtretung und Zahlungsanweisung“, die u.a. eine Abtretung der Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber an die Klägerin enthielt.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Abtretung wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig sei.

Der u.a. für das Verkehrshaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat offen gelassen, ob die Klägerin in einer fremden Angelegenheit im Sinne des § 2 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG)* tätig geworden ist. Die Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten sei auch dann, wenn man vom Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgehe, jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG** erlaubt. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG sind erfüllt, wenn – wie im Streitfall – allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Etwas anderes gilt dagegen, wenn die Haftung dem Grunde nach bzw. die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen, wie z.B. Schmerzensgeldansprüche. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses zur Höhe des Anspruchs entscheiden kann.

Urteil vom 31. Januar 2012 – VI ZR 143/11

AG Waiblingen – Entscheidung vom 5. November 2010 – 8 C 1039/10

LG Stuttgart – Entscheidung vom 13. April 2011 – 4 S 278/10

(Beide Entscheidungen veröffentlicht in juris)

Karlsruhe, den 31. Januar 2012

Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen Rechtsdienstleistungsgesetz

*§ 2 Begriff der Rechtsdienstleistung

(1) Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

……………

**§ 5 Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

……………..

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Verurteilung wegen tödlich verlaufenem Autorennen auf einer Bundesstraße im Schuldspruch verschärft

Am 30. März 2007 kam es auf der Bundesstraße B 33 zwischen Stuttgart und Konstanz zu einem tödlichen Verkehrsunfall. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatten zwei der Angeklagten mit ihren Pkws, einem getunten VW Golf und einem Porsche Carrera, mehrfach abgesprochene „Beschleunigungsrennen“ durchgeführt. Als sie während eines dieser Rennen mit einem seitlichen Abstand von nur 30 cm nebeneinander auf der zweispurigen Straße mit einer Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h das Fahrzeug eines unbeteiligten Verkehrsteilnehmers überholten, gelangte einer der Pkws mit den Rädern auf den Grünstreifen neben der Mittelleitplanke. Bei dem Versuch, das Fahrzeug wieder auf die Fahrbahn zurückzusteuern, geriet der Pkw ins Schleudern und überschlug sich. Dabei wurden der Fahrer und der Beifahrer – beide waren nicht angeschnallt – aus dem Fahrzeug geschleudert. An den hierbei erlittenen Verletzungen verstarb der Beifahrer.

Das Landgericht Konstanz hat die beiden an dem Rennen beteiligten Fahrer wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, den Beifahrer in dem nicht verunfallten Pkw Porsche wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten; die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner wurde allen drei Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und Sperren für deren Wiedererteilung angeordnet.

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin hat der Senat das Urteil bezüglich der beiden Fahrer im Schuldspruch dahin verschärft, dass sie auch der fahrlässigen Tötung schuldig sind. Das Landgericht wird über die Rechtsfolgenaussprüche neu zu entscheiden und bezüglich der Strafaussetzung zur Bewährung auch Gesichtspunkte der Generalprävention zu berücksichtigen haben. Die Rechtsmittel der Angeklagten wurden verworfen.

Urteil vom 20. November 2008 – 4 StR 328/08

LG Konstanz – 4 KLs 50 Js 927/07 4/08 Rev.L.V. BG 71/08 – Entscheidung vom 28. Februar 2008

Karlsruhe, den 20. November 2008

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Kein Anspruch des Leasingnehmers auf einen „Übererlös“

Der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung zu der Frage fortgeführt, wem bei einem Kraftfahrzeug-Leasingvertrag derjenige Teil einer Kasko-Versicherungsleistung zusteht, der den nicht amortisierten Gesamtaufwand einschließlich des kalkulierten Gewinns des Leasinggebers übersteigt.

Dem heute verkündeten Urteil liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin leaste von der Beklagten im Herbst 2002 einen gebrauchten Pkw Porsche. Die Klägerin schloss für das Fahrzeug vereinbarungsgemäß zugunsten der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung ab. Am 9. August 2003 wurde der Wagen bei einem Verkehrsunfall ohne Fremdverschulden stark beschädigt. Gestützt auf ein für diesen Fall vertraglich vorgesehenes außerordentliches Kündigungsrecht kündigte die Beklagte daraufhin den Leasingvertrag zum 30. September 2003. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin neben einer Mietsonderzahlung von 20.000 € Leasingraten in Höhe von insgesamt 11.739,20 € entrichtet. Der Kaskoversicherer erstattete der Beklagten 36.718,32 €. Später erwarb die Klägerin das Fahrzeug zum Restwert von 20.516,38 € von der Beklagten.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe unter Berücksichtigung der Versicherungsleistung weitaus mehr erhalten, als ihr bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrags als – von der Beklagten abzurechnender – Schadensersatz wegen Nichterfüllung zustehe. Die Beklagte habe insgesamt 88.973,90 € erlöst. Selbst bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung hätte sie nur 68.505,24 € beanspruchen können. Die Klägerin meint, dass ihr der Differenzbetrag von 20.468,66 € zustehe. Sie nimmt die Beklagte auf Endabrechnung des Leasingvertrags und Auskunftserteilung sowie Auszahlung des unter Berücksichtigung der Versicherungsleistung empfangenen Mehrbetrags in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der Leasinggeber ist zwar, soweit der Leasingnehmer wie üblich (und auch hier) die Sach- und Preisgefahr trägt, grundsätzlich – auch ohne besondere Vereinbarung – verpflichtet, dem Leasingnehmer die Leistung aus einer von diesem für die Leasingsache abgeschlossenen Versicherung zugute kommen zu lassen und erhaltene Versicherungsleistungen im Falle der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die Reparatur oder die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs zu verwenden oder sie bei Beendigung und Abwicklung des Leasingverhältnisses auf mögliche Schadensersatz- oder Ausgleichsforderungen anzurechnen, die ihm gegen den Leasingnehmer zustehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Leasinggeber einen danach verbleibenden Betrag an den Leasingnehmer auszukehren hätte. Da die Vollkaskoversicherung ausschließlich das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des Fahrzeugs deckt, steht ein solcher Betrag grundsätzlich alleine dem Leasinggeber als dem Eigentümer des Fahrzeugs zu. Dies gilt jedenfalls bei der hier gegebenen Vertragsgestaltung eines Leasingvertrags mit Andienungsrecht des Leasinggebers und ohne Mehrerlösbeteiligung des Leasingnehmers.

Urteil vom 31. Oktober 2007 – VIII ZR 278/05

LG Karlsruhe – Urteil vom 28. Januar 2005 – 15 O 94/04 ./.

OLG Karlsruhe – Urteil vom 11. Oktober 2005 – 8 U 47/05

Karlsruhe, den 31. Oktober 2007

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof entscheidet über Schadensersatzansprüche bei Führerscheintourismus

Der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, macht gegen den beklagten Freistaat Schadensersatzansprüche geltend, weil ihm für einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr das Recht aberkannt wurde, von seiner in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Dem Kläger wurde im Jahr 1995 durch Strafbefehl die Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr entzogen; sie wurde ihm im Jahr 1996 wieder erteilt. Wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde dem Kläger durch Urteil vom 15. Mai 2001 die Fahrerlaubnis erneut entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten verhängt. Im Januar 2002 beantragte der Kläger die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Da er der behördlichen Aufforderung nicht nachkommen wollte, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, nahm er seinen Antrag im November 2002 zurück. Im September 2004 erwarb der weiterhin in Deutschland lebende Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B. Nachdem das Landratsamt hiervon im Mai 2005 Kenntnis erhalten hatte, forderte es den Kläger erneut auf, ein medizinisch-psychologischesFahreignungsgutachten vorzulegen. Da der Kläger dies ablehnte, erkannte ihm die Behörde mit Bescheid vom 4. Juli 2005 das Recht ab, von der tschechischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Gebrauch zu machen. Der Kläger nahm gegen den gleichzeitig angeordneten Sofortvollzug erfolglos einstweiligen Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten in Anspruch. Seine Klage vor dem Verwaltungsgericht erledigte sich in der Hauptsache dadurch, dass das Landratsamt am 26. Juni 2006 seinen Bescheid vom 4. Juli 2005 im Hinblick auf den Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. April 2006 (Rs. C-227/05 – Halbritter/Freistaat Bayern – NJW 2006, 2173) zurücknahm.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger eine Entschädigung von 40 € täglich (insgesamt 14.840 €) für die Aberkennung der Möglichkeit, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, sowie Ersatz der ihm im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entstandenen Kosten von 871,51 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 871,51 € entsprochen.

Der unter anderem für Staatshaftungsansprüche zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision des beklagten Landes die Klage unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juni 2008 in den verbundenen Rechtssachen C-329/06 und C-343/06 (NJW 2008, 2403) und C-334 bis 336/06 abgewiesen und die Anschlussrevision des Klägers zurückgewiesen. Nach diesen Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften stellt sich die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage, soweit es um die zweite Führerscheinrichtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 (91/439/EWG) geht, wie folgt dar: Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ohne jede Formalität anzuerkennen. Sie dürfen dabei auch nicht von sich aus mit dem Ziel, die Anerkennung zu versagen, Ermittlungen anstellen, ob der betreffende Führerscheininhaber in dem Mitgliedstaat, in dem er die Fahrerlaubnis erworben hat, einen Wohnsitz hatte, wie es nach der Führerscheinrichtlinie Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist. Dies gilt auch dann, wenn dem betreffenden Führerscheininhaber im Inland zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden war und die neue Fahrerlaubnis nach Ablauf einer etwa verhängten Sperrfrist wiedererteilt worden ist. Demgegenüber ist der Mitgliedstaat zur Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis dann nicht verpflichtet, wenn dieser die Fahrerlaubnis während einer im ersten Staat verhängten Sperrfrist erteilt hat. In den Urteilen vom 26. Juni 2008 hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Hintergrund, dass die in der Führerscheinrichtlinie vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes erst mit Wirkung ab 1. Juli 2006 in die tschechische Rechtsordnung eingefügt wurde und mit diesem Erfordernis allgemein der „Führerscheintourismus“ bekämpft werden soll, weiter befunden, dass ein Mitgliedstaat zu einer Anerkennung nicht verpflichtet sei, wenn sich auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst (oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen) ergebe, dass die Wohnsitzvoraussetzung im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis nicht erfüllt gewesen sei. Da sich im Fall des Klägers aus seinem tschechischen Führerschein sein deutscher Wohnsitz ergab, waren die Behörden zu einer Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht verpflichtet, so dass der Kläger keinen Schadensersatz beanspruchen kann.

Urteil vom 11. September 2008 – III ZR 212/07

LG Passau – Urteil vom 19. Januar 2007 – 4 O 926/06

OLG München – Urteil vom 12. Juli 2007 – 1 U 2042/07

Karlsruhe, den 11. September 2008

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs