Nach der am 1. August dieses Jahres in Kraft getretenen Neufassung des § 24 a Abs. 2 StVG ist das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung bestimmter Drogen (Heroin, Kokain, Haschisch, Ekstasy u.a.) generell verboten und der Verstoß dagegen als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld und Fahrverbot bedroht.
Der für das Verkehrsstrafrecht zuständige Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte nun zu entscheiden, wann die für die Annahme einer Straftat nach § 316 StGB (Strafdrohung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, daneben regelmäßig Entzug der Fahrerlaubnis) vorausgesetzte „Fahruntüchtigkeit“ beim Fahren unter Drogeneinfluß gegeben ist.
Der drogenabhängige Angeklagte war nach Konsum von Heroin und Kokain mit seinem PKW zum Tatort gefahren, wo er einen Raubüberfall verübte. Er wurde nach der Tat von der Polizei gestellt, als er gerade dabei war, mit seinem PKW wegzufahren. Das Landgericht Hamburg hatte aufgrund des drogen-positiven Ergebnisses der Blutprobe und wegen einer Sehbehinderung als Folge der drogenbedingten Pupillenengstellung „sozusagen absolute Fahruntüchtigkeit“ angenommen; es hat den Angeklagten deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Dies hat der Bundesgerichtshof beanstandet:
Er hat hierzu ausgeführt, daß es derzeit – anders als bei Fahrten unter Alkoholeinfluß – noch keinen allgemein anerkannten „Gefahrengrenzwert“ der („absoluten“) Fahruntüchtigkeit nach Drogenkonsum gebe. Deswegen rechtfertige der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines Fahrzeugführers für sich allein noch nicht die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Vielmehr bedürfe es außer einem positiven Drogenbefund regelmäßig der Feststellung weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen. Dabei hat der Senat herausgestellt, daß die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Auffälligkeiten umso geringer sein können, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration sei; auch sei für den Nachweis nicht unbedingt die Feststellung von Fahrfehlern erforderlich, vielmehr könnten auch Auffälligkeiten im Verhalten des Fahrers in der Anhaltesituation genügen. Doch reiche hierfür die Pupillenengstellung, wie sie bei dem Angeklagten festgestellt sei, nicht aus. Zwar könne im Einzelfall Fahruntüchtigkeit als Voraussetzung der Strafbarkeit auch aufgrund einer drogenbedingten Einschränkung der Sehfähigkeit in Betracht kommen. Dazu müsse aber festgestellt und im Urteil dargelegt werden, wie sich dieser Umstand bei dem Betreffenden konkret auf seine Fahrtüchtigkeit ausgewirkt habe; die allgemeine Feststellung dieser Folge des Drogenkonsums genüge nicht. Wollte man dies allein für die durch Annahme der Fahruntüchtigkeit bedingte Strafbarkeit genügen lassen, müßte der Gesetzgeber einen entsprechenden Straftatbestand schaffen.
Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Verurteilung des Angeklagten aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Beschluß vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98
Karlsruhe, den 12. November 1998
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs